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Lose Anschlussklemmen in Verteilern?
  Erscheinungszeit:2012-09-28 15:19:28   Aufrufe:

 Häufig wird die Frage gestellt, ob der Anschluss zu- und abgehender Leitungen in Verteilern auch mit losen Anschlussklemmen erfolgen kann. Befürworter dieser Lösung führen als Argument an, dass in Abzweigdosen ja auch lose Anschlussklemmen eingesetzt werden dürfen und hier wie dort mit Erschütterungen und Belastungen zu rechnen ist, denen lose Klemmen doch standhalten. Sind lose Klemmen in Verteilern generell unzulässig und wie ist das zu begründen? Gibt es Ausnahmefälle?

 
Lose Klemmen sind stets Verbindungsklemmen
Verbindungsklemmen
Zum lösbaren Anschluss elektrischer Leiter an Geräten und/oder Maschinen werden Anschlussklemmen, zum lösbaren Verbinden der blanken Enden von Leitern dagegen Verbindungsklemmen verwendet [1]. Es gibt dafür zwar keine genormte Begriffsdefinition. Aus der Titelüberschrift zu DIN VDE 0606-1 lässt sich aber entnehmen, dass es sich bei den Klemmen zum Verbinden von Leitern stets um Verbindungsklemmen handelt [2]. Dieser prinzipielle Unterschied schließt nicht aus, dass Anschlussklemmen an Betriebsmitteln als Verbindungsklemmen ausgelegt sein können und oftmals auch dafür ausgelegt sind, sodass an eine Klemme eines Betriebsmittels weitere Leitungsadern angeschlossen werden können.
 
Anschlussklemmen sind Bestandteil des anzuschließenden Betriebsmittels und mit diesem fest verbunden. Eine lose Anschlussklemme, von der in der Frage die Rede ist, kann es für einen Anlagenerrichter demzufolge nicht geben. Lediglich Sammelschienen-Anschlussklemmen bilden hier eine Ausnahme. Die Sammelschiene als Halbzeug dient aber auch wie eine Zuleitung zur Stromübertragung und ist mit der Klemme zu einer Einheit zusammengefügt. Bei den losen Klemmen, die gemäß Fragestellung vorgesehen werden sollen, handelt es sich also um Verbindungsklemmen
 
Verbindungsdosen und Verteiler nur bedingt vergleichbar
Abgesehen von Geräte- und Geräteverbindungsdosen dienen Verbindungs- oder Abzweigdosen und -kästen ausschließlich zur Herstellung von Leitungsverbindungen. Als Klemmen, ganz gleich ob sie nun fest eingebaut oder lose beigefügt sind, werden Verbindungsklemmen verwendet. Sie sind in jedem Fall zugänglich.
 
In Verteilern oder Niederspannungsschaltgerätekombinationen ist je nach Größe eine Vielzahl von Schalt- und Schutzeinrichtungen und darüber hinaus von zusätzlichen fest angeordneten Klemmen untergebracht.
 
Lose Klemmen in Verbindungsdosen vorteilhaft
Bei Verwendung loser Klemmen wird es nicht als besondere Behinderung empfunden, wenn sie in Verbindungsdosen übereinander angeordnet sind. Eine sachgemäße Montage vorausgesetzt, sind zwischen den Klemmen Spannungsübertritte auszuschließen. Wartung und Prüfung werden nicht behindert und beim Einsatz loser Klemmen sogar erleichtert.
 
Trotzdem sind auch in Abzweigdosen und -kästen lose Verbindungsklemmen nur für Leiterquerschnitte von 1,5 mm2 bis 4 mm2 zulässig. Um eine sachgemäße Montage zu sichern und einer unzulässigen Erwärmung vorzubeugen, ist durch Vorgabe von Klemmenraumeinheiten die zulässige Zahl der Klemmen und Leitungsadern begrenzt. Da die Anschlüsse an Schaltern und Steckdosen in der Regel als Verbindungsklemmen ausgelegt sind, ist es dort möglich, zusätzlich Leitungsadern für die Weiterführung anzuschließen.
 
In Verteilern müssen Klemmen leicht zugänglich sein
Die an Schalt- und Steuereinrichtungen, Leitungsschutzschaltern, RCDs (Fehlerstromschutzeinrichtungen) und anderen Einbaugeräten vorhandenen Anschlussklemmen müssen zur Gewährleistung der Sicherheit, zur Bedienung, Durchführung von Wartungsarbeiten und Inspektionen übersichtlich, leicht zugänglich und den Stromkreisen zugeordnet sein. Sie müssen sich auch leicht lösen lassen. Das gilt auch für die Leitungsanschlüsse an den Neutralleiter- und Schutzleiterschienen, die ebenfalls ortsfest sind, auch wenn sie mit wenigen Handgriffen aus ihrer Halterung entnommen werden können.
 
Vor allem in Installationsverteilern in Wohngebäuden und ähnlich gelagerten Einrichtungen erfolgt der Anschluss der zu- und abgehenden Leitungen direkt an den Anschlussklemmen der Einbaugeräte. In größeren Schaltgerätekombinationen sowie Schalt- und Steueranlagen ist es dagegen üblich, zusätzlich fest eingebaute Klemmen, an Sammelschienen z.B. Sammelschienen-Anschlussklemmen, vorzusehen. Das gilt in gleichem Maß für die Abgänge zu anderen Verteilern und den Verbrauchern.
 
Nachteile loser Klemmen in Verteilern
Mit den fest eingebauten Anschluss- und Verbindungsklemmen ist das auch nach mehrfachen Wartungsarbeiten und gegebenenfalls vorgenommenen Erweiterungen noch zu gewährleisten. Wer kann aber beim Einsatz loser Klemmen noch für die Sicherheit garantieren?
 
Sie sind ja in ihrer Lage nicht fixiert und damit den Zu- und Abgängen nur schwer zuzuordnen. Es ist leicht vorstellbar, dass eine Klemme mal unter einem Einbaugerät oder einer Hutschiene verborgen bleibt und sich damit der Prüfung entzieht. Eine Beschriftung und Kennzeichnung lässt sich zudem ohnehin nicht gewährleisten
Zwar wirken sich auch Erschütterungen und Belastungen durch das Eigengewicht aus, sie sind aber kein entscheidendes Kriterium für einen Verzicht auf derartige Klemmen. Schon eher kann sich das Biegen der Leiter bei der Suche der Klemmen im Zuge von Wartungsarbeiten negativ auswirken.
 
Wenn möglicherweise auch die vollständige Klemmenisolierung nicht voll gewährleistet ist, dann lassen sich auch Körperschlüsse nicht ausschließen. Bei größeren Kurzschlussströmen können in speziellen Fällen gegebenenfalls auch dynamische Wirkungen eintreten.
 
Anschlüsse in Verteilern müssen ortsfest sein
Festlegungen in Errichtungsnormen
In DIN VDE 0100-520 wurde als Restnormanteil aus dem Jahr 1985 der Abschnitt 526.5 „Leiteranschlüsse, -verbindungen und Leitungseinführungen“ übernommen [3]. Im Unterabschnitt 526.5.5 ist ausgeführt, dass Leiteranschlüsse nur in geeigneten Anschlussräumen vorgenommen werden dürfen. Als Beispiele werden Installationsdosen und -kästen nach [2] oder Verbrauchsmittel genannt, wenn vom Hersteller Anschlussräume mit fest eingebauten Anschlussmitteln (Klemmen) vorgesehen sind oder die Anschlussräume den festen Einbau von Anschlussmitteln ermöglichen. Die Betonung liegt auf „festen Einbau“. 
 
Leiterverbindungen
Für Leiterverbindungen gilt Unterabschnitt 526.5.6 in [3]. Sie dürfen in Verbrauchsmitteln eingebaut werden, wenn dafür vom Hersteller Räume mit fest eingebauten Verbindungsmitteln vorgesehen sind. Verteiler sind nicht gesondert aufgeführt. Es ist aber erkennbar, dass auch hier die Betonung auf „fest eingebaut“ liegt. Anders als mit fest eingebauten Klemmen lassen sich auch die folgenden Forderungen in Normen nicht erfüllen:
 
Nach Abschnitt 513.1 in DIN VDE 0100-510 müssen Betriebsmittel so angeordnet werden, dass „ihre betriebsmäßige Bedienung, ihre Wartung und der Zugang zu den lösbaren Verbindungen leicht möglich sind“ [4].
Diese Zugänglichkeit wird auch im Unterabschnitt in 526.3 in [3] gefordert, wobei zusätzlich auf die Möglichkeit der Prüfung hingewiesen wird.
Gemäß Punkt 4.4 in DIN VDE 0100-729 muss die Zuordnung der von außen eingeführten Leiter zu ihren Stromkreisen eindeutig und dauerhaft erkennbar sein [5].
Vom Hersteller bezogene Verteiler müssen den DIN-VDE-Bestimmungen für diese Erzeugnisse entsprechen. Wo eine zusätzliche Bestückung vorgenommen wird, sollte der Errichter Unterabschnitt 526.5.2 in [3] beachten. Darin wird zum Anschließen und Verbinden von Leitern auf Klemmen hingewiesen, die u.a. DIN EN 60947 (VDE 0611) bzw. DIN VDE 0611 und DIN EN 60998 (VDE 0613) entsprechen.
Festlegungen in Herstellernormen
Auch in den Sicherheitsnormen für Verteiler wird von einem festen Einbau der Klemmen ausgegangen. Unter der Überschrift „Anschlüsse für von außen eingeführte Leiter“ sind in DIN EN 60439-1 (VDE 0660 Teil 500) Abschnitt 7.1.3 und Anhang A Einzelheiten zur Bemessung und Ausführung ausgewiesen [6].
 
Lose Klemmen in Verteilern sind nur im Ausnahmefall zulässig
Nach Unterabschnitt 7.8.3.2 in [6] dürfen unter der Überschrift „Verdrahtung“ Kabel und Leitungen zwischen zwei Klemmstellen keine Flick- oder Lötstellen haben: „Die Verbindungen müssen möglichst an ortsfesten Anschlüssen hergestellt werden“ [6]. „Möglichst“ bedeutet, dass eine lose Klemme im Sonderfall zulässig und damit normgerecht ist. Ein Anlagenerrichter wird in einer vor allem für den Hersteller einer Niederspannungsschaltgerätekombination geltenden Norm diese Ausnahmeregelung wohl nicht vermuten, zumal sie für den Hersteller eigentlich bedeutungslos sein sollte. Bei einer Vorverdrahtung im Herstellerbetrieb ist eine lose Klemme zwischen zwei Anschlusspunkten schließlich als Mangel anzusehen
 
Lose Klemme sollte lediglich bei zu kurzer Leitung angewandt werden
Wie Fragen immer wieder zeigen, ist eine solche Festlegung für den Anlagenerrichter aber von Bedeutung. Auch wenn sie nicht in einer Errichtungsnorm erfasst ist, bestehen gegen eine Anwendung keine Bedenken, wenn es sich um eine Ausnahmesituation handelt, weil z.B. aus nicht vorhersehbaren Gründen eine bereits vorhandene Stromkreisleitung nicht mehr bis an die Abgangsklemme heranreicht